Landessozialgericht NRW bestätigt Befreiung aus dem Jahr 1995!
Ingenieurinnen und Ingenieure haben schwere Zeiten hinter sich. Nach Grundsatzentscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zum Befreiungsrecht im Jahr 2012 hatte die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) ihr Verwaltungshandeln grundlegend verändert. Besonders drastische Folgen hatte das für Ingenieure, die auf Basis einer sozialrechtlichen Sonderregelung im Jahr 1995 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden waren. Nach Lesart der DRV sind diese Befreiungen nur für das konkrete Arbeitsverhältnis erteilt worden, für das seinerzeit die Befreiung beantragt war. Nach Auffassung der DRV sind diese Befreiungen deshalb mit jedem Arbeitgeberwechsel danach hinfällig geworden. Diese Sichtweise der Behörde ist nicht nur völlig praxisfremd, sie steht auch in krassem Gegensatz zur langjährigen Verwaltungspraxis der DRV sowie zum Wortlaut der meisten seinerzeit erteilten Befreiungsbescheide. Die Positionsveränderung der DRV in Sachen Befreiungsrecht hat nicht nur Arbeitnehmer und Arbeitgeber verunsichert. Im Verlauf von Stellenwechseln und Betriebsprüfungen haben seit 2012 viele Ingenieurinnen und Ingenieure ihre aufgrund der Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Ingenieurkammer Niedersachsen erteilte DRV-Befreiung verloren.
Jetzt zeigt sich für diesen Personenkreis (endlich) ein Silberstreif am Horizont: In einem wichtigen Urteil hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) aktuell festgestellt, dass im zu entscheidenden Fall die Befreiung eines Ingenieurs aus dem Jahr 1995 weiterhin gültig ist. Die Argumente der DRV im Verfahren wurden dabei vom Gericht sämtlich widerlegt und abgewiesen.
Erfreulich zu sehen, dass ein Richtergremium erstmals die Bereitschaft aufgebracht hat, sich inhaltlich mit den relevanten Fragestellungen auseinanderzusetzen. Das LSG NRW hat seine Entscheidung eng an Form und Wortlaut des Befreiungsbescheids fest gemacht. Von Belang war hierbei u. a. der sogenannte „Empfängerhorizont“, d. h. wie ein juristischer Laie einen Bescheid versteht. Das LSG NRW hat klar zum Ausdruck gebracht, dass der Begriff der „jeweiligen“ Beschäftigung nicht so gedeutet werden darf, dass er sich ausschließlich auf das Arbeitsverhältnis bezieht, für das im Jahr 1995 die Befreiung erteilt wurde. Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auch auf die Übergangsvorschrift des § 231 Abs. 2 SGB VI.
Inwieweit der aktuelle Entscheid des LSG NRW auf Befreiungsstatus und Befreiungssituation anderer Ingenieure angewendet werden kann, bleibt im Einzelfall zu prüfen.
Da die DRV bereits Revision zur höchsten Entscheidungsinstanz, dem Bundessozialgericht, eingelegt hat, ist das Urteil nicht rechtskräftig. Bei rechtlichen Auseinandersetzungen mit der DRV kann man sich aber zur Untermauerung seiner Rechtsposition auf das Urteil berufen. Das Versorgungswerk wird seine Versicherten über den Fortgang in der Sache weiter informieren.
Das Urteil des LSG NRW ist zu Ihrer Information angefügt: Urteil Landessozialgericht NRW, Az.: L 18 R 852/16